Zykluszeit- und ereignisbasierte Automatisierungsumgebungen
IEC 61131 und IEC 61499 im Vergleich
Automatisierungsumgebungen mit verteilten Steuerungen stellen die Grundlage für IoT, Smart-Grids und Industrie 4.0 dar.
Das klassische Automatisierungsmodell nach IEC 61131, wie es zum Beispiel bei der SPS-Programmierung zum Einsatz kommt, zeichnet sich durch eine zykluszeitbasierte Verarbeitung aus. Dabei werden die zur Gesamtlogik kombinierten Funktionsblöcke in einem festen Intervall abgearbeitet und die resultierenden Signale und Werte werden nach jedem Durchlauf im internen Prozessabbild gespeichert. Sie sind dann, abhängig vom Typ, an den physikalischen Ausgängen der Steuerung, oder als interne Variablen, verfügbar und bilden zusammen mit den Signalen an den Eingangsklemmen die datentechnische Grundlage für den nächsten Verarbeitungszyklus.
Sobald das Gesamtsystem aber aus mehr als nur einer Steuerung besteht, stößt das klassische Modell an seine Grenzen. Hier setzt die IEC 61499 an, die eine Modellierung von verteilten Systemen ermöglicht. Die beteiligten, herstellerübergreifenden Steuerungen sind zum Beispiel über Ethernet miteinander verbunden, tauschen über dieses Medium ihre Prozessdaten aus und können so zu einem homogenen Gesamtsystem kombiniert werden. Da die Echtzeitfähigkeit durch die latenzbehafteten Kommunikationswege zwischen den Steuerungen verloren geht, wurde in der IEC 61499 der zykluszeitbasierte Ansatz durch eine ereignisbasierte Lösung ersetzt. Die aus der IEC 61131 bekannten Funktionsblöcke wurden um zusätzliche Ein- und Ausgänge für eine Ereignissignalisierung erweitert und rufen sich darüber gegenseitig auf. Ein Funktionsblock wird somit erst dann ausgeführt, wenn er von einem anderen Funktionsblock ein Triggersignal bekommt.
IEC 61131 und 61499 im Vergleich:
IEC 61131 | IEC 61499 | |
---|---|---|
Verarbeitung | Zykluszeitbasiert | Ereignisbasiert |
Skalierbarkeit | Nur durch Erweiterung der Verarbeitungslogik der einzelnen Steuerung | Erweiterung der Verarbeitungslogik einzelner Steuerungen und hinzufügen zusätzlicher Steuerungen |
Echtzeitfähigkeit | Ja, da keine latenzbehafteten Kommunikationswege | Nein, da die Kommunikation zwischen den Steuerungen nicht verzögerungsfrei erfolgt |
Interoperalibität | Programmierung des einzelnen Systems gemäß Herstellervorgabe | Zentrale Programmierung des Gesamtsystems mit kompatibler Projektierungssoftware |
Bei der Projektierung des Systems wird abschließend für jede Steuerung der relevante Funktionsumfang in Form einer XML-Konfiguration exportiert, die dann in die jeweilige Komponente eingespielt wird. So können Steuerungsabläufe zentral erfasst und danach auf die entsprechenden Steuerungen verteilt und dort aktiviert werden. Diese Herangehensweise ist auch bei späteren Änderungen vorteilhaft, da von der Aufgabenklärung bis zur Aktivierung neuen Regeln in einem einheitlichen System gearbeitet werden kann.
Zusätzlich zu den logikverarbeitenden Steuerungen ist auch der Einsatz von entsprechend kommunikationsfähigen Automatisierungskomponenten ohne eigene Steuerungslogik möglich. In einer ethernetbasierten Automatisierungsumgebung können somit auch die Web-IOs von Wiesemann & Theis als dezentrale IO-Module eingesetzt werden, um analoge und digitale Messwerte zu erfassen oder entsprechende Aktoren zu schalten. Die Integration erfolgt z.B. über die IoT-Protokolle OPC UA oder MQTT.